S. ist das Forschungsgebiet, das sich mit der Bedeutung von Wörtern und sprachlichen Ausdrücken im allgemeinen befasst. Da sprachliche Bedeutung, d.h. wie die Zeichen verstandend werden sollen, nicht nur in der Linguistik sondern auch in der Philosophie ein Problem ist, gehört S. zu beiden beiden Bereichen. In der herkömmlichen Sprachforschung wurde die Bedeutung von Wörtern wie in der Lexikologie mit Hilfe von anderen Wörtern definiert. In der Philosophie ist das behandelte Problem nicht die Bedeutung einzelner Wörter, sondern die Frage, wo das Material zu suchen wäre, aus dem Bedeutungen zusammengestzt werden können. In den unterschiedlichen Formen des Realismus wird diese Frage kaum gestellt, da als selbstverständlich angenommen wird, dass sprachliche Ausdrücke sich auf Gegenstände, Zustände und Vorgänge einer realen Welt beziehen, das heisst, einer Welt, die unabhängig vom erlebenden Subjekt objektiv so ist, wie sie erscheint. Seit der Veröffentlichung von Kants Kritik der reinen Vernunft (1781) sind jedoch relativistische Erkenntnistheorien entwickelt worden, in denen die realistische Annahme abgelehnt wird, da es nicht gelungen ist, zu zeigen, wie objektive Erkenntnis vor sich gehen könnte. Damit wird das Problem der Bedeutung in den Bereich der Vorstellungen verschoben. Wittgenstein (1953) hat vorgeschlagen, dass die Bedeutungen von Wörtern in sozialen Interaktionen erlernt werden, die er Sprachspiele nannte. Das einfachste Sprachspiel ist die hinweisende Erklärung. Eine Mutter, zum Beispiel, sagt zu ihrer Zweijährigen: Stell den Teller auf den Tisch, und deutet oder klopft mit der Hand auf den Tisch während sie das Wort “Tisch” mehrmals wiederholt. Dadurch wird, wie man sagt, dem Kind eine assoziative Verbindung zwischen dem Wort and dem Ding nahegelegt. Die Methode funktioniert in der Tat recht gut, und es wird selten gefragt, was die Assoziation eigentlich verbindet. Ferdinand de Saussure, der Begründer der modernen Linguisrtik, erklärte, dass diese Verbindung psychologisch und heineswegs einfach sei, denn sie fügt nicht ein Wort zu einem Ding, sondern ein Lautbild zu einem Begriff (1916). Diese Einsicht weist unter anderem auf die Schwierigkeit, dass zum Beispiel das Kind im erwähnten Beispiel noch keinen Begriff von Tisch hat, und es darum nicht sicher ist, mit was es das Lautbild des Wortes verbinden soll. Es bedarf einer Reihe von Sprachspielen, bis das Kind lernt, dass zum Beispiel die Beine zum Tisch gehören, das Tischtuch aber nicht.
Die Bedeutung eines Wortes ist also die Vorstellung, die das Wort im Sprachbenützer erweckt. Obschon diese Vorstellung im Lauf von sprachlichen Interaktionen mehr oder weniger an die Vorstellungen anderer Sprecher angepasst wird, bleibt sie im Prinzip eine subjektive und zum Teil idiosynkratische Vorstellung. Die Definition der Bedeutung, die ein Wörterbuch für ein Wort angibt, soll den gemeinsamen Nenner der Vorstellungen beschreiben, die das Wort in den Sprechern der Sprache hervorruft, ist aber mit diesen individuellen Vorstellungen nicht identisch. Die Idee des Sprachspiels liefert ein robustes Modell zur Erklärung, wie die bedeutungsbildenden Vorstellungen erlernt werden; Die Frage, woraus Vorstelloungen bestehen, beantwortet sie nicht.
Der radikale Konstruktivismus erklärt den Aufbau von Vorstellungen indem er von J.Locke (1690) die Ansicht übernimmt, dass Begriffe aus Elementen der Sinneswahrnehmung oder der Reflexion über mentale Operationen zusammengesetzt werden. In den aus sensorischen Elementen bestehenden Begriffen spielen zuweilen die Reihenfolge der Zusammensetzung, die Richtung der Aufmerksamkeitsbewegung, oder die Bildung einer charakteristischen Kontur eine wesentliche Rolle. Hinzuzufügen ist, dass der Aufbau einer spezifischen, bezeichenbaren Kombination von Elementen die Kombination nicht auutomatisch vorstellbar mmacht. Dies ist dadurch belegt, dass wir alle eine Reihe von Bekannten haben, die wir erkennen, wenn wir ihnen begegnen, die wir uns aber nicht vorstellen können, wenn sie nicht in unserem gegenwärtigen Gesichtsfeld sind. Bei Begriffen, die in erster Linie auf Reflexion über mentale Operationen beruhen, ist es die oft nicht ganz bewusste Reinfolge speziifischer mentaler Operationen, die ihnen ihre Eigenart gibt. Ein gutes Beispiel ist der Begriff der Mehrzahl. Angenommen ein Kind, das die Bedeutung von “Tisch” gelernt hat, kommt in den Speisesaal eines Hotels, wo Dutzende von Tischen stehen. Es kann nun auf einige der Tische Zeigen und dabei “Tisch” sagen. Doch selbst wenn diie Mutter erklärt, Ja, das sind Tische, muss es die Bedingung herausfinden, die den Gebrauch der Mehrzahl rechtfertigt. Diese Bedingung ist nicht Sache der Sinneswahrnehmung, sondern der Reflexion. Das Kind muss sich gewahrwerden, dass es an unterschiedlichen Stellen des Gesichtsfeldes, d.h. mehr als einmal, einen Tisch erkannt hat. Keiner der erkannten Tische deutet an, dass er zu einer Mehrzahl gehört. Diese Einsicht beruht einzig allein auf der Wiederholung der Erkennensoperationen.
In der Linguistik wird der Begriff der Bedeutung weiter in denotative und konnotative Bedeutung unterteilt. Die denotative B. eines Wortes ist was wir im Wörterbuch unter dem gegebenen Stichwort finden, nämlich die Beschreibung der auf einen gemeinsamen Nenner reduzierten individuellen Vorstellungen, die das Wort in Mitgliedern der betreffenden Sprachgruppe erweckt. Die konnotative Bedeutung hingegen umfasst alles, von dem wir annehmen, dass das Wort es in anderen Sprechern hervorruft (oft angetroffene Eigenschaften, Gefühlsreaktionen, Erinnerungen, usw.) Die Grenze zwischen den beiden Bedeutungsarten ist nicht scharf, doch während Denotation als allgemein angenommen gilt, ist eine bestimmte Konnotation oft auf den Gebrauch relativ kleiner Sprachgruppen begrenzt.
de Saussure, F., Cours de linguistique générale, Geneva, 1916.
Kant. I., Kritik der reinen Vernunft, 1881.
Wittgenstein, L. Philosophical investigations, Oxford, 1953.
Copyright: Der Beitrag erscheint in "Das Große Lexikon Medien und Kommunikation" herausgeben von Leon R. Tsvasman. © 2006 Ergon-Verlag Dr. H.-J. Dietrich, Würzburg, Germany.
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